Sechs Jahre CampusAsyl – Interview mit Hermann Josef Eckl


Seit sechs Jahren engagieren sich Menschen in den verschiedensten Projekten von CampusAsyl. Aber wie fing eigentlich alles an? Wir haben diese – und noch einige andere – Frage(n) an Hermann Josef Eckl gestellt. Er ist Gründungsmitglied von CampusAsyl, seit Bestehen des Vereins Vorstandsmitglied und Hochschulpfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde Regensburg.

CampusAsyl gibt es jetzt seit fast sechs Jahren – aber wie fing eigentlich alles an?

CampusAsyl fing bei einem gemeinsamen Kaffee an. Rupert Hochholzer (Germanist an der Universität) und ich saßen im Spätherbst 2014 am Kornmarkt zusammen und haben darüber gesprochen, dass demnächst in Regensburg ein sogenanntes „Erstaufnahmezentrum“ für Geflüchtete eröffnet werden sollte. Wir dachten, es wäre eine gute Idee, die Menschen dort durch ehrenamtlich engagierte Studierende zu betreuen. Die fachlichen Kompetenzen des Arbeitsbereichs „Deutsch als Zweitsprache“ zusammen mit den Möglichkeiten der Hochschulgemeinde betrachteten wir als eine gute Bündelung von Ehrenamt und Expertise. Unsere Idee haben wir an verschiedene studentische Gruppierungen auf dem Campus weitergegeben und einige erste Treffen organisiert, die auf große Resonanz stießen. Wir konnten auch eine Reihe von sehr motivierten Menschen gewinnen, die mit großer Begeisterung zum Aufbau von CampusAsyl beigetragen haben. Und dann ging alles ganz schnell: Innerhalb weniger Wochen und Monate wurde aus einer Idee eine ganz große Initiative.

Warum war es so wichtig, 2014 einen Verein wie CampusAsyl zu gründen?

Für mich persönlich galt es damals zunächst ein gesellschaftliches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu setzen. Ich hatte die unseligen Diskussionen um das Asylrecht in den 80er- und 90er-Jahren erlebt, noch abstoßende Slogans wie „das Boot ist voll“ im Ohr und auch die schlimmen Verbrechen gegenüber Asylsuchenden und Migrant*innen Anfang der 90er-Jahre in Erinnerung. Ich wollte, dass so etwas nie wieder passiert. Im Nachhinein erwies es sich dann einfach als eine glückliche Fügung, dass CampusAsyl bereits mit einer guten Basis an Ehrenamtlichen und einer gewissen Organisationsstruktur bestand, als im Sommer 2015 eine große Zahl an Geflüchteten nach Deutschland und Europa kam.

In den letzten sechs Jahren ist CampusAsyl von einer Idee zu einem Verein mit mehreren hundert Freiwilligen gewachsen. Gibt es also ein „Erfolgsrezept“? Und wenn ja: welches wäre das?

Zum Erfolg von CampusAsyl beigetragen hat sicher die Mischung aus unterschiedlichen Erfahrungsbereichen: Neben der hohen Motivation für ehrenamtliches Engagement konnten wir sehr schnell Studierende und Lehrende auf dem Campus dafür gewinnen, ihre fachlichen Kenntnisse bei CampusAsyl einzubringen. Zudem ist es uns gelungen, CampusAsyl auf ein Fundament breiter gesellschaftlicher Repräsentation zu stellen: Universität und Hochschule, die Kirchen (mit den beiden Hochschulgemeinden ESG & KHG), aber auch die Regensburger Bürgergesellschaft zogen hier von Anfang an an einem Strang.

Ganz wesentlich zum dauerhaften Erfolg von CampusAsyl hat sicher auch beigetragen, dass wir uns relativ schnell entschlossen haben, der anfänglichen Initiative mit der Gründung eines eingetragenen Vereins eine feste Struktur zu geben und eine Geschäftsstelle mit fachlich ausgewiesenen Mitarbeiter*innen zu errichten. Dadurch können wir unsere Ehrenamtlichen (z.B. durch Fortbildungen) gut betreuen, die Projekte unterstützen, wenn sie Rat, Hilfe oder finanzielle Mittel brauchen und damit für die nötige Kontinuität sorgen.

Sicher, bei CampusAsyl gibt es schon viele großartige Projekte – aber gibt es auch einen Bereich, wo du sagst: Da müssen wir einfach noch besser werden? Oder: Das haben wir bisher noch nicht mit auf dem Schirm?

CampusAsyl sollte von Anfang an kein reines „Hilfsprojekt“ sein, sondern gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und durch zivilgesellschaftliches Engagement auch politisches Bewusstsein prägen. Wir haben zuletzt schon sehr vieles unternommen, um diese Ziele zu erreichen: Einen Beirat eingerichtet, der die gleichberechtigte Mitsprache und Mitgestaltung Geflüchteter ermöglichen soll, an unseren Zielen und unserem Selbstverständnis gearbeitet, Fortbildungen zum Thema Rassismus organisiert u.v.m. Ich würde mir wünschen, dass sich CampusAsyl weiter in diese Richtung entwickelt und einen Beitrag leisten kann zu einer Gesellschaft, die Solidarität als grenzenlos versteht und Diversität als Bereicherung.

CampusAsyl hat seit 2014 viel erreicht. Worauf bist du am meisten stolz?

Mich freut es ganz besonders, dass so viele Menschen aus ganz unterschiedlichen Kontexten – Studierende, Lehrende, Regensburger Bürger*innen, politisch oder kirchlich Engagierte – bei CampusAsyl zusammenarbeiten. Dass die Katholische Hochschulgemeinde in diesem Rahmen ein Zeichen für eine dienende Kirche setzen kann, finde ich als Hochschulpfarrer besonders schön.

Was würdest du dir für die nächsten sechs Jahre von CampusAsyl wünschen?

Ich wünsche mir, dass CampusAsyl weiterhin so eine starke zivilgesellschaftliche Kraft sein kann wie bisher, dass es uns gelingt, nachhaltig viele Menschen für unsere Ideen und Projekte zu begeistern und dass wir auch die nötige Unterstützung in organisatorischer und finanzieller Hinsicht finden, um auch für die Zukunft gut aufgestellt zu sein.

Wir sagen vielen herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Das Interview führte Judith König



26.11.2020 10:26,
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